Irrwege im Zigaretten-Marketing 1929 schrieb Hans Domizlaff in dem Buch »Typische Denkfehler der Reklamekritik« für seinen Freund Philipp Reemtsma: »Es wird heute zu viel Reklame für fehlerhafte Waren gemacht. Ein erheblicher Prozentsatz ist einfach unnütz vergeudetes Geld. Es liegt wie eine Psychose über Deutschland, daß jeder Geschäftsmann glaubt, nur in Reklame die Rettung für mangelhafte Umsätze zu sehen und dabei vergißt, an das Wesentliche zu denken: An die materielle und psychologische Qualität einer Markenware.« In der Tat scheinen die Zigarettenunternehmen diese Grundregel erfolgreichen Marketings vergessen zu haben. Statt diese Einsicht des Altmeisters des Zigarettenmarketings nachzuvollziehen und die Verbraucher durch neue, attraktive Produktalternativen zu locken, versucht es die Zigarettenindustrie in letzter Zeit ausschließlich mit austauschbaren »Me-too-Produkten« im wachstums-starken Full-Flavor-Segment von Marlboro und Camel: unter anderem mit Liberty, Winston, Morgan und West. Selbst das emotionale Vorstellungsbild, das Image dieser Marken, ist nicht viel mehr als ein Abklatsch von Marlboro und Camel. Im Gegensatz zu diesen Produktimitationen waren alle heute führenden Zigarettenmarken zum erfolgsentscheidenden Zeitpunkt der Markteinführung echte Produktnovitäten: 1953 1955 1956 1960 1961 1962 1968 1970 |
Dieser Aufsatz wurde in absatzwirtschaft Heft 5/1981 veröffentlicht.
Wie ist es möglich, daß die drei etablierten Unternehmen der Zigarettenindustrie - Reemtsma, BAT, Brinkmann - die noch Anfang der siebziger Jahre souverän den Markt unter sich aufteilten, in den letzten Jahren ihre Marktposition nicht verteidigen oder ausbauen konnten? Auf Bilanzkonferenzen der Zigarettenhersteller wird gern die Erklärung herumgereicht: Weil die Zigarettenindustrie den Gesundsheitstrend, den Trend zur leichten Zigarette, überschätzt hat und zu spät gegensteuerte. Der Düsseldorfer Marketing- und Werbeberater Dr. Franz Brück kommentiert: »Diese Erklärung geht an den wahren Ursachen der Misere vorbei. Die Zigarettenleute ignorieren Grundsätze erfolgreichen Marketings.« Dr. Brück zeichnet erfolgreiche und verhängnisvolle Entwicklungslinien im deutschen Zigaretten-Markt auf. |